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Happy Release - Die Kunst loszulassen

  • Autorenbild: Christina
    Christina
  • vor 3 Tagen
  • 7 Min. Lesezeit

Der Begriff „Loslassen“ wird im Yoga fast schon inflationär verwendet.Anspannung, Gedanken, inneres Urteilen – alles sollen wir loslassen, gehen lassen mit der Atmung – aber mal ganz ehrlich: So einfach, wie es sich anhört, ist es doch nicht. Und was konkret bedeutet Loslassen eigentlich?


Dieser Blogbeitrag bringt Licht ins Dunkel und liefert Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema.


Warum eignet sich die Yogapraxis so gut, um das Loslassen zu üben?

Und wie lässt sich das Geübte in den Alltag, ja in unser Leben integrieren?

Was hält uns davon ab, loszulassen?


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Talkin´bout a Revolution

Bevor es an die Praxis geht, darfst du dir klarmachen, was genau du eigentlich loslassen möchtest. Manchmal wissen wir ziemlich genau, was nicht zu uns passt und was wir loswerden wollen. Oft sind das eher unangenehme Dinge. Vielleicht so etwas wie: Grübelei und die innere KritikerinAnspannung im Körper oder gar Schmerzein Verhalten, das du eigentlich nicht magst an dirSchönheitsideale oder die Meinung anderer…


Während all das ausschließlich dich betrifft, gibt es eventuell auch noch Dinge, die du loslassen möchtest, die eben nicht nur mit dir, sondern vielmehr mit anderen Menschen zu tun haben – Menschen, die dir besonders nahe stehen:Streit und Missverstehen(nicht erfüllte oder unerfüllbare) Erwartungeneine scheinbar unkontrollierbare zwischenmenschliche Dynamik…

Geht es um all diese negativen Dinge, kann ich für mich ziemlich klar formulieren, was ich nicht in meinem Leben haben will, was ich also loslassen möchte. Und obwohl ich es ganz sicher weiß, fällt es mir wahnsinnig schwer, es loszuwerden. Woran das liegt? – Dazu später mehr!


Nun erstmal zum Endgegner der Dinge, die es loszulassen gilt. Es sind all jene Aspekte, von denen wir oft noch nicht mal wissen, dass sie existieren. Bereiche, die im Dunkeln unseres Daseins, unseres Lebens liegen, Bereiche, die jedoch einen wahnsinnig großen Einfluss auf uns haben.


Negative Glaubenssätze zum Beispiel.


Glaubenssätze sind tief verwurzelte Annahmen über uns selbst. Sie können positiv sein und unser Selbstwert stärken, aber eben auch negativ. Negative Glaubenssätze schlummern in jedem von uns, halten uns klein, bremsen uns aus und sorgen für inneren Druck. Um sie loszuwerden, müssen wir allerdings erstmal erkennen, dass sie überhaupt da sind. Das ist meist auch schon die erste große Herausforderung, denn oft begleiten sie uns seit unserer frühesten Kindheit.Tatsächlich sind Glaubenssätze einerseits natürlich etwas sehr Individuelles. Andererseits zeigt sich aber, dass, wenn Menschen ihre Glaubenssätze aufschreiben, diese sich doch sehr ähneln. Hier ein paar Beispiele.


Beispiele für positive Glaubenssätze

Ich darf Fehler machen.

Alles wird gut.

Meine Schwächen sind okay.

Ich mag mich.


Beispiele für negative Glaubenssätze

Ich schaffe es nicht.

Ich bin nicht schön.

Ich muss perfekt sein, sonst … (werde ich nicht geliebt).

Ich muss leisten, um Pause machen zu dürfen.



Herz über Kopf

Bestimmt ist in dir ein Gedanke, ein Gefühl oder eine Stimmung erwacht, etwas aufgetaucht, das du gerne loslassen möchtest. Das kann ein negativer Glaubenssatz sein oder eben ein anderer Aspekt in deinem Leben, vielleicht sogar etwas ganz Handfestes. Ganz egal, was es ist, das Verrückte und tatsächlich auch echt Widersprüchliche am Loslassen ist: Je mehr wir es möchten, je mehr wir uns anstrengen, desto intensiver wehrt es sich dagegen.

Gerade dann, wenn der Kopf, die Gedanken eine Lösung suchen, wenn wir analysieren und bewerten und uns so sehr damit beschäftigen, ist es irgendwann schier unmöglich.


Glaub mir, auch ich kann ein Lied davon singen!


Aber die Kunst des Loslassens lässt sich lernen und die Methoden des Yoga sind ein geeignetes Werkzeug, das Loslassen ganz praktisch zu erfahren.

Die Kunst besteht nämlich darin, dass du das, was du loslassen möchtest, annimmst, es akzeptierst und es nicht veränderst.Was sich hier super easy anhört, ist in der Praxis jedoch echt herausfordernd. Unser „Ego“ spielt, wenn’s ums Loslassen geht, nämlich eine nicht unwichtige Rolle. Loslassen fällt dem Ego besonders schwer, vor allem dann, wenn es um Sicherheit aka Gewohnheiten geht.

„Das Loslassen ist eine Entscheidung des Herzens, keine des Verstandes.“ – Paulo Coelho

Allein mit dem Willen wird es uns also nicht gelingen, etwas loszulassen – wie aber dann?


Loslassen lernen

Der Yoga bietet eine Fülle an Methoden, das Loslassen – durch Annehmen – ganz unmittelbar zu erfahren, und unser Atem ist dabei unser stärkster Verbündeter.


In der Atem-Meditation zum Beispiel kannst du mit jedem Atemzug das, was gerade ist, so sein lassen, es nicht verändern. Ganz egal, was es ist. Gedanken, die da sind, dürfen da sein. Gefühle, die durch dich strömen, dürfen da sein. Körperempfindungen, ein Zwicken im unteren Rücken, ein Kitzeln an der Nase – alles darf da sein. Mit der Ausatmung kannst du den Augenblick verstreichen lassen – loslassen, was ist. Nur um mit der kommenden Einatmung wieder von vorne zu beginnen: Einatmend: sein lassen, was ist – Ausatmend: loslassen. Und wieder …Probier’s doch einfach mal aus!


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Die Asana-Praxis bietet sich ebenfalls hervorragend an, um das Loslassen praktisch zu erfahren.Im Yoga geht man davon aus, dass im Bereich der Hüfte besonders viele Blockaden und verdrängte Emotionen sitzen. Wenn wir diese Stelle nun anatomisch gesehen öffnen und die Muskulatur lockern, können wir also (emotionale) Blockaden lösen und damit Altlasten loslassen.Die „Hüfte öffnen“ bedeutet, die gesamten Strukturen in und um unser Becken und die Hüftgelenke, also Muskulatur und Gewebe, zu dehnen. Dabei beziehen wir uns nicht nur auf die direkte Umgebung, sondern zum Beispiel auch auf die Muskeln der Beine, die direkt mit der Hüfte verbunden sind, oder auf die Wirbelsäule. Zwei Klassiker unter den Hüftöffnungen sind die sitzende Vorbeuge – Paschimottanasana – und die Taube – Eka Pada Rajakapotasana.


Die „Hüfte öffnen“ bedeutet aber auch, die Hüftgelenke in allen Bewegungsoptionen zu erfahren: die Innen- und Außenrotation, Vorbeugen oder gegrätschte Haltungen.Hüftöffnende Asanas wirken sowohl auf der körperlichen als auch auf der energetischen und emotionalen Ebene unseres Daseins. Wenn du mehr über die verschiedenen Ebenen erfahren willst, lies unbedingt den Artikel zum Pancha-Kosha-Modell!


Auf der physischen, also der körperlichen Ebene, verbessern sie den Bewegungsraum und die Flexibilität, halten das Hüftgelenk gesund und beweglich und können Rückenschmerzen, die durch verkürzte Beinrückseiten vor allem den unteren Rücken belasten, vorbeugen. Auf unserer Energieebene sorgen hüftöffnende Haltungen für Erdung und Stabilität, indem sie unser Wurzelchakra aktivieren. Mithilfe von Mula Bandha (→ Blog Artikel "Bandhas") kann die Energie im Becken gehalten und nach oben gerichtet werden, sodass neben der Stabilität ein Gefühl von Freiheit und daraus entstehende Kreativität wachsen kann. Loslassen/Freiheit wächst aus Stabilität/Sicherheit.Hüftöffnende Asanas regulieren darüber hinaus unsere Emotionen. Vielleicht hast du selbst schon mal erlebt, wie sich starke Emotionen entladen, während du in einer Vorbeuge verweilst. Besonders „berühmt-berüchtigt“ ist hier die Taube.

Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Eine ist, dass unterdrückte Emotionen sich als Stagnation (Bewegungslosigkeit) im Körper festsetzen, viele davon gerade im Hüftbereich. Durch Bewegung und Dehnung wird diese Stagnation aufgebrochen und die Emotionen können sich entladen.Asanas, die in der Hüfte & im Becken wirken, sind gerade zu Beginn der Yogapraxis oft besonders herausfordernd – manchmal sogar überfordernd. Das liegt zum einen an der emotionalen Arbeit, die damit einhergeht, zum anderen setzt unsere Lebensweise diesem Körperbereich besonders zu. Langes, statisches Sitzen verkürzt Muskeln und verklebt Faszien, Bewegungsmangel schränkt den Bewegungsradius der Gelenke ein. Mit ein wenig Geduld und einer sanft öffnenden und wohlwollenden Yogapraxis lassen sich diese Blockaden jedoch lösen und die hüftöffnende Asana-Praxis kann zu einer Wohltat für Körper & Seele werden.


Das Stichwort „Loslassen“ ist bei allen Vorbeugen essenziell wichtig. Du wirst in keiner Vorbeuge mit Kraft oder Gewalt große Fortschritte machen. Viel eher bringen dich hier Geduld und Weichheit weiter (diese Herangehensweise zeigt übrigens auch gute Erfolge, wenn du sie auf stressige Situationen im (Arbeits-)Alltag anwendest). Annehmen, was ist, und daraus loslassen, ist also wieder die Erfolgsformel.Je besser du loslassen kannst, je weicher du dich durch das Dehnungsempfinden hindurch atmest, annimmst, was ist, desto tiefer wirst du in die Dehnung hineinsinken können.


Vorbeugen helfen dir, deine Achtsamkeit zu schärfen und lassen dich ein sicheres, inneres Korrektiv entwickeln. Loslassen lernen heißt auch, zu lernen, wie weit du in welcher Stellung (Yoga) oder Situation (Leben) gehen kannst, ohne dich zu verletzen oder verletzt zu werden.


The Long Road

Nun aber zur Gretchenfrage: Warum um Himmels willen fällt es uns so schwer, Dinge, Verhaltensweisen, Aspekte, negative Glaubenssätze – also all die bad habits, die uns nicht guttun – loszulassen?

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Die Antwort findet sich in unserem Nervensystem.Gewohnheiten geben Sicherheit und unser Gehirn liebt Sicherheiten (und das Ego auch) – denn Sicherheit bedeutet Überleben. Veränderung hingegen geht immer mit Unsicherheiten einher, sie braucht Mut (den Gegenspieler der Angst), denn was nach der Veränderung kommt, weiß das Gehirn noch nicht und es könnte ja ungünstiger sein

als vorher. Dabei verpassen wir die wichtige Info, dass nicht alle Gewohnheiten (ergo Sicherheiten) gut für uns sind. Denn nur weil etwas schon immer so ist, weil wir es schon immer so machen, heißt es nicht automatisch, dass es (zum jetzigen Zeitpunkt unseres Lebens) gut für uns ist. Und genau das zu akzeptieren fällt uns oft schwer, und es kostet Energie und Kraft, daran zu arbeiten.


Außerdem verhält es sich mit der Sicherheit ähnlich widersprüchlich wie mit dem Loslassen.Einerseits müssen wir uns hin und wieder von ihr verabschieden, um Veränderung zu ermöglichen. Andererseits brauchen wir Sicherheit (oder besser: emotionale und mentale Stabilität), um loslassen zu können. Denn Loslassen gelingt dann, wenn wir auf einem stabilen Fundament stehen, wenn wir in einem sattvischen Zustand verweilen und unser Nervensystem ausbalanciert ist, wir gediegen zwischen An- und Entspannung pendeln. Und du ahnst es: Genau hier findet sich die Antwort auf die Frage, warum uns das Loslassen oft schwerfällt. Einen ausgewogenen Wechsel zwischen An- und Entspannung, ein ausbalanciertes Nervensystem, suche ich in meinem „normalen“ Alltag vergebens. Es prasseln viele Eindrücke auf mich ein, Dinge passieren gleichzeitig bzw. müssen gleichzeitig passieren, damit’s rund läuft. Das Nervensystem befindet sich dann eher im fight-or-flight oder (wenn’s richtig sch* läuft) im freeze-Zustand. Und hier übernimmt dann gern das Ego die Führung. Von unserem inneren Kern, dem wer und was wir sind, kapseln wir uns ab – dem Körper, den Bedürfnissen (→Blog Artikel: Interozeption 1 und Interozeption 2). Dann heißt es zu funktionieren (fight-or-flight) oder wir beginnen zu prokrastinieren (freeze), all das im Autopilot und als Reaktion auf Dinge, die im Außen passieren, nicht als Aktion aus uns heraus. An Loslassen ist dann nicht mehr zu denken. Im Gegenteil: Anstatt Liebe zu geben, geht’s dann mehr darum, Anerkennung und Liebe zu bekommen, Sicherheit von außen fürs Ego – um jeden Preis.Und das ist dann ziemlich genau das Gegenteil von Loslassen.


Aber hey – den Artikel mit dieser Botschaft zu beenden, ist nicht meine Intention!


Mut

Denn, wie schon gesagt, das Loslassen lässt sich lernen. Und auch die Fähigkeit, unser Nervensystem in einem ausbalancierten Zustand zu halten, ist etwas, das in unserer Macht liegt.Was wir dafür brauchen, ist Mut – die Gegenspielerin der Angst, der Angst vor Veränderung, vielleicht auch vor Neubeginn.


Annehmen, was ist, und gehen lassen, was nicht mehr passt – einatmen & ausatmen – und wieder!


*Im Yoga- und Ayurveda-Kontext bedeutet sattvisch einen Zustand von Reinheit, Klarheit, Harmonie und innerem Gleichgewich


Deine Playliste zum Artikel ;-)




Vielelicht ist es dir aufgefallen... dieser Aritekl hat einen Sound...







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